Berlin, 01. Mai 2019

Interview für GKV info: Fragen an Judith Skudelny, umweltpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag

Die umweltpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, Judith Skudelny, MdB gab unserem Verbandsmagazin GKV info ein Interview (erschienen in GKV info 05/2019).

Judith Skudelny, MdB (Bildquelle: Judith Skudelny)

GKV info: Frau Skudelny, als Umweltexpertin der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag befassen Sie sich intensiv mit Kunststoffen. Wie nehmen Sie Kunststoffe und Kunststoffprodukte wahr?

Die Diskussion in der Öffentlichkeit ist geprägt von einer grundsätzlichen Ablehnung gegenüber Kunststoffen bzw. Plastik – wie es regelmäßig genannt wird. Im Zentrum der der Kritik stehen dabei insbesondere die Kunststoffe, welche im Lebensmitteleinzelhandel verwendet werden. Insgesamt wird die Diskussion aber weder differenziert noch im Sinne einer ganzheitlichen Nachhaltigkeit im Sinne einer Ökobilanz geführt. Ebenso wenig wird zwischen verschiedenen Anwendungsgebieten von Kunststoffen unterschieden. Hinter verschlossenen Türen jedoch räumt selbst das Umweltministerium ein, dass Kunststoff der Werkstoff der Zukunft ist – auch weil durch Gewichtsreduktionen CO2 eingespart werden kann. Ich würde mir wünschen, dass die Ministerin das auch mal in der Öffentlichkeit sagen würde.

GKV info: Deutschland galt lange als weltweiter Vorreiter in Sachen Abfalltrennung und Kunststoffrecycling. Wie sehen Sie den Status quo?

Auch ich bin der Überzeugung, dass wir - was das Gesamtsystem von Sammlung und Sortierung bis hin zur Erstellung von qualitativ hochwertigen Granulaten und deren Einsatz betrifft -Vorreiter sind. Allerdings stehen wir dort noch lange nicht am Ende der Entwicklung. Ganz aktuell beschäftigt sich das Deutsche Institut für Normung mit einer Zertifizierung von Granulaten. Auch das chemische Recycling nimmt wieder Fahrt auf. Ob andere Länder unseren Weg nachgehen, ist jedoch nicht zuletzt eine Frage der Finanzierung der Sammlungs- und Sortiersysteme. „Für umsonst“ ist Recycling und Nachhaltigkeit nicht zu haben. Dafür muss die deutsche Bundesregierung in Europa und weltweit noch Verständnis schaffen.

GKV info: Die Freien Demokraten im Deutschen Bundestag haben in einem Antrag Vorschläge ausgearbeitet, wie das globale Problem des Eintrags von Kunststoffabfällen in die Weltmeere gelöst werden kann. Welches sind die wichtigsten Punkte?

Unser Antrag setzt genau bei der Finanzierung der Sammlung und Sortierung von Kunststoffen in den Ländern an, die keine institutionalisierte Abfallentsorgung kennen. Unser Ansatz ist, dass die Entsorgungskosten eines Produkts beim Verkauf mitberücksichtigt, also eingepreist werden. Das Produkt, das durchaus auch eine Verpackung sein kann, erhält mittels einer digitalen Markierung einen Wert, welcher bei Rückgabe an einer geeigneten Stelle ausgezahlt wird. Die Idee entstand in Anlehnung an die Plastikbank in Haiti und ist geprägt von der Grundidee des Dualen Systems. Durch die Markierung wird so aus einem Abfallprodukt ein Wertstoff, der eben nicht ins Meer oder in die Flüsse gekippt wird, sondern sich sogar bezahlt macht.

GKV info: Welchen Beitrag kann die Industrie leisten, damit weniger Kunststoffabfälle in die Umwelt gelangen?

In Deutschland ist das Thema Mikroplastik virulent. Hier kann sich die Industrie an Forschung und Entwicklung beteiligen – von der Frage, wie wir Mikroplastikpartikel im Wasser durch Weiterentwicklung der Produkte vermeiden können, bis hin zur Entwicklung von Produkten, deren Plastikanteil sich in den Kläranlagen besser herausfiltern lassen. Das beschriebene System für die Weltmeere macht umso mehr Sinn, desto mehr Länder (und vor allem Kunststoffhersteller) sich daran beteiligen. Hier kann die Industrie durchaus mitarbeiten – Zusammenschlüsse von unterschiedlichen Unternehmen zur Reinhaltung der Meere gibt es ja mehr als genug. Allerdings sollten hier Industrie und Regierung gemeinsam arbeiten – China als größter Kunststoffhersteller ist, was das Umweltbewusstsein betrifft, entgegen der öffentlichen Wahrnehmung eher eine Herausforderung. Beim klassischen Thema „Littering“ hingegen sehe ich persönlich die Kommunen in der Verantwortung. In den letzten Jahren wurden öffentliche Mülleimer abgebaut. Und jetzt wundern wir uns, dass die Menschen ihren Müll in den Wald oder auf die Strände werfen. Abfallentsorgung ist in Europa eine klassisch staatliche Aufgabe, die diese auch wieder ernst nehmen sollten.

GKV info: Frau Skudelny, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Der GKV ist die Spitzenorganisation der deutschen Kunststoff verarbeitenden Industrie. Als Dachverband bündelt und vertritt er die gemeinsamen Interessen seiner Trägerverbände und agiert dabei als Sprachrohr gegenüber Politik und Öffentlichkeit.

Die Kunststoff verarbeitende Industrie ist mit einem Jahresumsatz von 72,5 Mrd. € und 319.264 Beschäftigten in 2.997 Betrieben einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige in Deutschland.

Die vorwiegend mittelständisch geprägte Branche zeichnet sich durch hohe Innovationskraft und eine vielfältige Produktpalette aus. Kunststoffe werden zu Verpackungen, Baubedarfsartikeln, technischen Teilen, Halbzeugen, Konsumwaren und vielen anderen Produkten verarbeitet.

Pressekontakt

Ansprechpartner:
Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV)
Dr. Oliver Möllenstädt, Hauptgeschäftsführer
Tel. 030 2061 67 150
E-Mail: o.moellenstaedt@gkv.de
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